Mittwoch, 20. Januar 2016

Theatermetapher

Die ganze Welt ist eine Bühne ... Natürlich nicht. Aber die Theatermetapher hilft Veränderungen zu begreifen und zu gestalten


Ein Mikrokosmos mit überschaubaren Verhältnissen
und doch macht 
das Theater die Welt für Kinder
verstehbar - 
für Erwachsene übrigens ebenso
Der Baustein 2 am isb beginnt mit der Theatermetapher. Unser Lehrtrainer Volker Köhninger stellt sie in den Raum und fordert uns auf Assoziationen zum Theater zu sammeln. Ein Heimspiel für mich, denn immerhin war ich viele Jahre fast im Theater zu Hause. Also nicht auf der Bühne, aber dahinter, am Rand, im Publikum.

"Schauspieler, Bühne, Publikum, Regisseur, Intendant, Applaus, Souffleur, Rolle, Zweitbesetzung, Probe, Premiere, Kritik, Sprache, Rhythmus", sprudelt es aus mir heraus. "Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloß Spieler", erinnere ich mich an ein Zitat, das ich nicht mehr zuordnen kann, Shakespeare, verrät mir Google. Und zitiert weiter aus "Wie es Euch gefällt": "Und wenn du den Eindruck hast, dass das Leben Theater ist, dann such dir eine Rolle aus, die dir so richtig Spaß macht." Eine gute Anregung. Werde ich mir merken. Aber jetzt will ich wissen, was das Theater mit Organisationsentwicklung und Changemanagement zu tun hat.



Warum wir gedanklich ins Theater gehen

"Die Theatermetapher bietet allen Beteiligten eine spielerisch-kreativen und übersichtlich-konkreten Zugang zu komplexen Themen", führt Volker Köhninger aus. 

Der Diplom-Pädagoge Volker Köhninger ist Spezialist
für Unternehmenskultur und Veränderungsprojekte,
leitet die Köhninger GmbH und ist u.a.
Lehrtrainer am isb
"Sie reduziert Komplexität, impliziert die Idee der Inszenierung und schafft damit ein Modell von veränderbarem, beeinflussbarem und selbststeuerndem Denken und Handeln." Klingt gut, finde ich. Denn wer davon überzeugt ist, selbst etwas bewegen zu können, nimmt Veränderungen nicht mehr als übermächtiges Schicksal wahr, sondern als einen Prozess, den er mitgestalten kann. 

Zudem ermöglicht das Bild vom Theater den Beteiligten eine Außensicht. Sie sehen die Veränderung wie ein Stück auf einer Bühne, sind dadurch nicht mehr so emotional verstrickt und gewinnen neuen Handlungsspielraum. Und Handlungsspielraum mobilisiert Ideen und Aktivität.

Theater und Wirklichkeit

"Immer komplexer werdende Arbeitssituationen, die sich zudem immer schneller ändern, führen zu vielfältig gestiegenen Rollenanforderungen", schreiben Bernd Schmid und Katja Wengel in dem spannenden Feature "Die Theatermetapher": "Viele Zugehörigkeiten und Rollenidentitäten, die sich bisher über Jahre und für Jahre gebildet haben, sind heute allenfalls bis zur nächsten Umstrukturierung oder Fusion gültig. Die Halbwertszeit von Wissen verringert sich mehr und mehr. Für die betroffenen Menschen bedeutet das, immer fitter werden zu müssen darin, sich schnell und kompetent auf Veränderungen einzustellen und diese verantwortlich mitzugestalten." Und das ist schwierig, zwingt aus Komfortzonen, stellt vieles in Frage. Und genau dabei hilft das Bild vom Theater als Bühne der Wirklichkeit. 

Perspektiven der Theatermetapher

Was braucht jedes Stück, um anzukommen. Ein Thema und eine Story. Also die eine Überschrift, die ein Spotlight auf den Inhalt des Stückes richtet, und eine Geschichte, die dann erzählt wird. All das findet auf einer Bühne statt und beinhaltet unterschiedliche Rollen, die je nach Inszenierungsstil interpretiert werden. Das ist Eins zu Eins auf die Arbeitswelt übertragbar. Bei der Analyse ebenso wie bei der Neu- und Weiterentwicklung der beruflichen Situation, bei Einzelpersonen im gleichen Maß wie bei Teams oder Organisationen.

Ganz konkret: Die Metapher beim Coaching

Wie erwähnt, die Theatermetapher ist in vielerlei Kontexten hilfreich. Bezogen auf eine Coaching-Situation kann sie mit folgenden Fragestellungen klären helfen (zitiert nach Schmid, Wengel: Die Theatermetapher):
  • Um welches Thema geht es in Ihrer Frage?
  • Was geschah zuvor und wie spitzt es sich jetzt zu?
  • Auf welcher Bühne bewegen Sie sich? Und ist diese Bühne die richtige für Sie und Ihre Frage?
  • Welche Rolle nehmen Sie in der konkreten Situation ein? Können und wollen Sie diese Rolle spielen?
  • Stehen die inneren Beweggründe oder die äußeren Zusammenhänge im Vordergrund der Darstellung?


Komplexes vereinfachen - Wirklichkeiten greifbar machen

Bei der Theatermetapher geht es darum, komplizierte und bisweilen undeutliche verworrene Situationen zu vereinfachen, konkrete Bilder vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen, das eigentliche Thema, um das es geht, herauszuarbeiten sowie die beteiligten Rollen und unterschiedlichen Wirklichkeiten greifbar zu machen und aufeinander abzustimmen. Denn "Theater überzeugt nur, wenn alles zusammenpasst. Es bedarf daher einer Systemlösung", erklärt Bernd Schmid, warum mehr als die Hälfte aller Veränderungsprozesse scheitert. Und wie Veränderungsprozesse gelingen können.
Um dem Gelingen näher zu kommen und möglichst viele Aspekte bei der Beratung miteinbeziehen zu können, erarbeitet Volker Köhninger mit uns einen Fragenkatalog. Fragen, die bei der Beratung Situationen entwirren, Ziele und Schritte benennen, Rollen klären, Ressourcen und Ziele definieren.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bitte beachte die Netiquette. Und bitte ein paar Augenblicke Geduld. Denn eingehende Kommentare werden vorab geprüft. Nicht auf Inhalt, sondern auf Form und Nettiquette: Denn KRITIK und ANREGUNGEN sind erwünscht :-)