Sonntag, 8. November 2015

Orientierungstag

Orientieren bedeutet laut Duden: Die richtige Richtung finden, sich in einer unbekannten Umgebung zurecht finden. Den Weg nach Wiesloch wies mir der Navi. Der Tag dort zeigte mir die Richtung, der ich (mindestens) ein Jahr lang folgen will.


Bernd Schmid: Gründer und Mentor des isb in Wiesloch


"Wer zu sich finden will,
muss lernen,
seinem Talent zu dienen."

Ein Satz von Bernd Schmid, der meine
Gedanken auf die Reise schickt.


Gründer des isb ist Bernd Schmid
Das Institut steht für systemische Didaktik und entwickelte aus verschiedenen Konzepten zum Menschenbild, zur Kommunikation und Begegnung, kombiniert mit wirtschaftlichen Belangen, Beiträge zu einem Unternehmenskulturkonzept. Schmid ist Mitbegründer, Ehrenvorsitzender im Präsidium des Deutschen Bundesverbandes Coaching (DBVC) und Vertreter des Systemischen Coachings sowie der Anbindung an Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. Er vertritt Coaching als Perspektive statt ausschließlich als Vier-Augen-Gespräch, das heißt, dass die Qualität des Coaching in vielen Prozessen und Berufsrollen ihren Niederschlag und ihre Wirkung findet. Er war Gründer und Vorsitzender der Gesellschaft für Weiterbildung und Supervision (GWS).

Bernd Schmid gilt als Begründer der Systemischen Transaktionsanalyse (TA). Er war 1988 erster Preisträger des Wissenschaftspreises der Europäischen TA-Gesellschaft und wurde 2007 als erster deutscher Preisträger des Eric-Berne-Memorial-Award der Internationalen TA-Gesellschaft für sein "role concept of TA" ausgezeichnet. 2014 erhielt er den Life Achievement Award der Weiterbildungsbranche für sein Lebenswerk. 

Um ganz ehrlich zu sein, schüchtern mich so viele Titel und Auszeichnungen fast ein bisschen ein. Aber nur ein bisschen. Denn das Gute an meinem Job als Journalistin ist, dass Ehrfurcht nicht zu meinen Denkmustern gehört. Ehre im Sinne von Respekt schon. Aber Furcht ist mir eher fremd.

Und Bernd Schmid ist nahbar. Erlebbar, selbst wenn er beim Orientierungstag nicht anwesend ist. Durch den Tag führte der Institutsleiter Thorsten Veith. Aber Schmids Art zu denken und sein Wunsch, Lernkultur positiv zu gestalten, sind den Räumen und der gesamten Atmosphäre anzuspüren. Man könnte fast sagen, sein Geist weht durch das Institut. Aber das sage ich natürlich nicht. Ich halte mich lieber an Konkretes.

Elemente der isb-Lernkultur

"Die Teilnehmer lernen unsere Lernkultur mit zu gestalten, während sie selbst im Lernsystem ihre Rolle spielen", schreibt das isb auf seiner Homepage. "Sie lernen, die Regie der Lernsituationen, die Haltungen, sofern sie zu ihrer Persönlichkeit passen, und die Sensibilität für verschiedene Ebenen von Wirklichkeit."


Bisweilen beengen Erwartungen und Rollen,
schränken den Handlungsspielraum ein
(Foto: Bernd Schmid)
Kultur spielt also eine große Rolle. Nicht im Sinne von Theater oder Operette, sondern als gefühlte Wirklichkeit, die Augen, Ohren, Hirn und Herz öffnen kann. Für was? Für Menschen. Für Menschen in Organisationen mit ihrer Wirklichkeit. Für Menschen in Organisationen mit ihrer Wirklichkeit, die vielfach eingebunden (bisweilen auch gehandicapt) sind durch äußere und innere Mechanismen und Schubladen.



Kleiner Ausflug in die Transaktionsanalyse

Um das besser einordnen zu können, starte ich einen kleinen Ausflug und beschäftige mich mit der Transaktionsanalyse, die Bernd Schmid ja maßgeblich mit weiterentwickelt hat. 
Die Transaktionsanalyse ist eine psychologische Theorie der menschlichen Persönlichkeitsstruktur. Sie will anschauliche Konzepte zur Verfügung stellen, mit denen Menschen ihre erlebte Wirklichkeit reflektieren, analysieren und verändern können. Sie beschreibt ein Persönlichkeitskonzept, das innere Prozesse des Einzelnen, seine lebensgeschichtlichen Entwicklungen und seine Einbindung in eine jeweilige Gruppe verstehbar macht und kontextangemessen positiven Einfluss darauf nimmt.

Das spricht mich schon mal ziemlich an, wenn ich es richtig verstehe. Geht es doch darum, den Menschen in seiner Gesamtheit wahrzunehmen, also als Person mit einer Vergangenheit, mit sozialen Beziehungen, kurzum als unvergleichliches, nicht-standardisiertes Individuum.

Und als ich vom zugrunde liegenden Menschenbild lese, weiß ich, dass das mein Ansatz ist:  

  • Jeder Mensch hat die Fähigkeit, zu denken und Probleme zu lösen. Ganz meine Meinung.
  • Jeder Mensch ist in all seinen Schattierungen und in seiner Ganzheit in Ordnung Jaaaaaaaa!!!
  • Jeder Mensch ist in der Lage, Verantwortung für sein Leben und dessen Gestaltung zu übernehmen. Diese Fähigkeit wächst und erstarkt mit den Jahren, so beobachte ich dies zumindest. Ein Vorteil des Älterwerdens.
  • Jeder Mensch wird als fähig angesehen, sein Lebenskonzept schöpferisch, zuträglich und konstruktiv zu gestalten. Nicht immer schafft man das meiner Meinung nach allein, aber es gibt Unterstützter und die gilt es zu finden. 
  • Jedem Menschen ist es möglich, durch Nutzen seiner ihm innewohnenden Ressourcen autonome Entscheidungen für sich und andere zu fällen. Dazu benutzt er seine Fähigkeit zur Bewusstmachung der momentanen Gegebenheiten, seine Fähigkeit zu echtem emotionalen Kontakt mit anderen Menschen. Jaaa!!!
  • Autonomie im Sinne von Selbstbestimmung, Spontaneität und Bezogenfähigkeit auf die Welt haben höchsten Stellenwert. Kann ich nur unterstreichen. 
Das Konzept der Transaktionsanalyse wird in vier sogenannten Anwendungsfeldern genutzt: in der Psychotherapie, Pädagogik und Erwachsenenbildung, bei der Beratung und im Coaching. Und damit mündet mein kleiner mentaler Ausflug wieder beim isb.

Angebot am isb

Es gibt Curricula, also Professionalisierungseinheiten, in den Bereichen

Und da mich Veränderung interessiert, da sie mir überall in der (Arbeits)Welt begegnet, entscheide ich mich für Systemische Organisationsentwicklung und Changemanagement.

Die Kunst des Zuhörens

Warum jetzt also wieder die Schulbank drücke? (Gott sei Dank erinnert das isb so gar nicht an eine Schule und die Veranstaltungen haben rein gar nichts im Pauk-Frontal-Unterrichtsstunden zu tun) Weil ich leidenschaftlich gerne dazu lerne. Weil ich mich schreibend intensiv mit Lernprozessen beschäftigt habe. Weil ich mich interviewend in der Kunst des aktiven Zuhörens übe. Und weil mich ein Zitat berührt hat, das der Lerntrainer Markus Schwemmle zur Einstimmung auf das isb genannt hat.

Rot erhöht unseren Energiepegel, unsere Lebenskraft. Den gleichen
Effekt hat aktives Zuhören. (Foto: Bernd Schmid)

Momo als Vorbild

Michael Ende schreibt in seinem Buch "Momo" über ein kleines Mädchen, das anderen auf eine ganz besondere Art Aufmerksamkeit schenkte: 
"Sie konnte so zuhören, dass rastlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden. Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur einer unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt - und er ging hin und redete mit Momo, dann wurde ihm auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es genau ihn unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab, und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war. So konnte Momo zuhören."

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